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Mord oder Totschlag: Ein aufheulender Motor als Entscheidungskriterium? BGH Urt. v. 20.06.2024, Az. 4 StR 15/24 - ein Kommentar

Jeder Jurastudent, jeder Rechtsreferendar, jeder Rechtstanwalt, jeder Staatsanwalt, jeder Richter und auch sonst jeder, der sich professionell mit der strafrechtlichen Juristerei befasst, wird im Laufe seiner Karrierre mindestens einmal aus seinem Bekannten- und Freundeskreis mit der Frage nach der Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag konfrontiert. Die Theorien in der Laiensphäre sind vielfältig. Es geht von „Totschlag ist es immer dann, wenn man im Affekt handelt“ über „Mord liegt vor, wenn der Ausführung der Tat eine lange Planung ebendieser vorgeschaltet ist“ bis hin zu „Mord erfordert eine Absicht, während Totschlag auch unabsichtlich geschehen kann“. Einigkeit besteht zwischen Laien und Juristen in einem Tatbestandsmerkmal: Ein anderer Mensch als man selbst wird getötet. Die Unterscheidung im juristischen Sinn lässt sich - insoweit für jedermann verständlich- anhand des Gesetzes nachvollziehen: Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheits...

Der Wille des Mandanten ist unantastbar oder: Eine teuer erkaufte „Sowieso-Rechtsfolge“

Skurrile Situationen erlebt man im Gerichtsalltag häufiger, als man von der klischeebehafteten, staubigen und bierernsten Jurisprudenz erwarten würde. Eine besonders erstaunliche Prozesssituation im Rahmen einer meiner jüngeren Mandate, ließ mich dann aber doch besonders irritiert zurück. Der Sachverhalt bot kein Raum für große Streitigkeiten: Pachtverhältnis, hohe Pachtschulden, fristlose Kündigung, Räumungsklage. Die Pachtschulden wurden zwar in der Zwischenzeit gezahlt, allerdings führt dies bei einem gewerblich gemieteten Objekt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist nur auf Wohnraummiete anwendbar. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss der Pächter noch nicht einmal abgemahnt werden. Egal, wie man es dreht und wendet: Die fristlose Kündigung war wirksam, die Räumungsklage folglich begründet. Selbst der gegnerische (Fach-)Anwalt sah sich nicht berufen, den klägerischen Vortrag großartig zu bestreiten oder Einwände vorzubringen, sondern...

Umgangsrecht auf Kindeswohlebene oder: Das Dilemma des redegewandten Kindes im Umgangsrechtsverfahren

Umgangsrecht. Nervenzehrend, hoch emotional, langwierig und - mit Verlaub - für einen Anwalt nicht das lukrativste Mandat. Wenn Kinder im Spiel sind, wird es schwierig, so sagt man. So schön es auch ist - und das kann ich als zweifacher Familienvater durchaus sagen - Kinder in die Welt zu setzen und diesen beim Aufwachsen zuzusehen, erfordert die Erziehung von Kindern extrem viel Zeit und Geduld. Toll, wenn man sich diese Aufgabe als Eltern teilen kann. Dies ist auch die Idee des Gesetzgebers: Die Eltern haben die Pflicht und das Recht für das minderjährige Kind zu sorgen, § 1626 BGB.  Was passiert nun aber, wenn die Eltern sich scheiden lassen oder von vornherein gar nicht verheiratet waren? Aus Eltern werden dann einzeln Sorgeberechtigte und es muss eine Lösung hinsichtlich des in diesem Artikel außen vor gelassenen Sorgerechts und des Umgangsrechts mit den Kindern getroffen werden und zwar schnell, kostengünstig und vor allem fair für beide Parteien. In zahlreichen Scheidungen, ...